**** Etwas grimmig (oder eher skeptisch?) schaut der gute Elton John auf dem Cover seines siebten, im Jahre 1972 veröffentlichten Albums Honky Château drein. Wahrscheinlich hat er selber am besten gewußt, daß Honky Château nicht unbedingt sein bestes Werk ist. Dominierten auf Madman Across The Water überwiegend getragene Stücke, so bietet Honky Château eine ausgewogene Mischung aus flotten Melodien und die für Elton John typischen hinreißenden Balladen. Gleich der Opener Honky Cat ist ein gutes Stück Good-Time-Music, eine clever und mitreißend eingespielte Melodie, die getragen wird von Eltons Pianospiel und kurzen und knappen Bläsereinlagen von Jean-Louis Cheautemps (Saxophon), Alain Hatot (Saxophon), Ivan Julien (Trompete) und Jacques Bolognesis (Posaune). Was auf LP schon mitreißend klingt, war bei seinen Konzerten jener Zeit ein echter Knüller (wie wäre es, wenn der gute Elton diese Nummer einmal mit Fats Domino einspielen würde?). Als zweite Singleauskopplung war Honky Cat im Spätsommer 1972 ein Top 10 Hit in England und den USA. Leichte R&B bietet E.J. in Mellow (mit Gastmusiker Jean-Luc Ponty an der Violine). Das Stück ist zwar nicht schlecht, ist aber allenfalls Durchschnitt (aber der gehobenen Art). Ebenfalls Durchschnitt (allerdings nur knapp) ist Susie (Dreams), ein Stück, das eher einen Albumfüller darstellt. Dann aber schöpfen Elton John und sein Partner Bernie Taupin aus den Vollen mit dem hinreißenden Rocket Man (I Think Its Gonna Be A Long, Long Time), als erste Singleauskopplung im Frühsommer 1972 nach Your Song Eltons zweiter Top 10 Hit. Das Stück klingt im ersten Moment unspektakulär, setzt sich aber dank seiner schönen Melodie und dem ungemein eingängigen Refrain schnell im Gedächtnis fest. Eltons Antwort auf David Bowies Space Oddity gehört m.E. zu seinen stärksten Liedern in seinem Gesamtwerk. Ich finde, das Lied kann man so oft hören wie man will, langweilig wird es nie. Seite 2 beginnt mit Salvation, eine dieser unwiderstehlichen Elton John Balladen, unterlegt mit tollen Chorgesängen (eine der Chorsängerinnen ist die grandiose Madeline Bell). Das sich Elton John in den unterschiedlichsten Bereichen der populären Musik äußerst stilsicher bewegt, beweist er in dem C&W beeinflußten Slave, eine wirklich starke Nummer mit tollen Gitarren- und Banjoeinlagen von Davey Johnston. Das temperamentvolle Amy stellt dagegen wieder eher einen Albumfüller dar. Von ganz anderem Kaliber ist die Ballade Mona Lisa And Mad Hatters, mit schönen Mandolineneinlagen von Davey Johnstone. Ein wirklich schönes Lied, daß auch auf den ein oder anderen der zahlreichen Best-Of-Alben vertreten ist. Das Elton nie stilblind, statt dessen musikalisch vielfältig war, beweist er in Hercules, einem gemäßigten, über weite Strecken akustischen RocknRoller mit Doo-Wop Einlagen. Im Großen und Ganzen ist Honky Château ein gutes, wenn auch nicht unbedingt sein bestes Werk. Immer beinhaltet es mit Rocket Man (I Think Its Gonna Be A Long, Long Time) und Salvation zwei herausragende Lieder, die über die ein oder andere Schwachstelle getrost hinwegsehen lassen. |